Eine Diskussion aus einer Parallelwelt
Die meisten der Diskutanten sind vermutlich gar nicht Mitglied in einem Segelverein?
Die Vereine haben alle möglichen demografischen Herausforderungen, aber nicht, dass ihnen die Kinder abhanden kommen (jedenfalls nicht die wesentlichen Vereine hier in HH- für die ganze Republik kann ich nicht sprechen).
Und das, obwohl der Anteil der Kinder/Jugendlichen mit osteuropäisch/arabisch/afrikanischem Migrationshintergrund kräftig steigt und diese Gruppen betätigen sich auf alle möglichen Weisen, aber den Zugang zum Segeln finden sie meist nicht. Die Peer Group schrumpft also, trotzdem steigen die Mitgliedszahlen (bei Kinden+Jugendlichen) oder bleiben stabil. Das wirkliche "Problem" der Vereine ist hier im Forum versammelt. Berufstätige, gleichwohl in ihrer Freizeit engagierte Menschen, die auch begeistert ihre Schatulle öffnen, wenn die Jugendleiter vorschlagen, die Flotte um den heißesten Schei... zu ergänzen.
Allerdings: ein Verein muss sich auch nicht zwischen Foilen, Singlehand, Doublehand CrewRacing oder Jugendkutter oder Seeschiff entscheiden, jedenfalls sollte er das nicht. Wenn er genügend Masse hat, kann er das die Kids tun lassen, sobald sie auf dem Wasser ausreichend sicher agieren. Weil er nicht ein-, sondern mehrgleisig fährt. Und Ihr werdet lachen - die Jugendkutter gibt es nicht deswegen noch, weil sie den Kids von ein paar verklärten Nostalgikern aufgezwungen werden, sondern weil sie bei einigen Jugendlichen nach wie vor beliebt sind, und das aus durchaus nachvollziehbaren Gründen.
Mehr noch als in der echten Welt wird segeln in diesem Forum offenbar von Einzelgängern, jedenfalls auf dem Wasser, betrieben. Das verzerrt die Realität ganz gewaltig. Segeln im Verein ist auch der Eintritt in eine Community und auch dort ist Singlehand durchaus gefragt, hat aber in einem wesentlich niedrigeren Stellenwert als in diesem Forum (vermutlich gerade deshalb sind Einzelgänger auch im Forum offenbar eher überrepäsentiert).
Uns ist als Verein auch daran gelegen, die Soft Chills des Nachwuchses zu stärken. Daher kann man auch einhand segeln, aber es wird nicht unbedingt forciert. Auch die Kids segeln sehr gern in Gemeinschaft. Ein paar Stunden Fun auf dem Foil würde keiner ausschlagen - doch nur eine kleine Minderheit würde darauf die seglerische Erfüllung suchen.
Die sowie Freundschaften fürs Leben finden die meisten auf J/24, J/70, auf Jugendkuttern.... (zu ergänzen) nebst der diese Klassen umgebenden Community (!). Das rockt.
Ein Jugendkutter kann solange 20er Jahre sein wie er will - wenn eine kritische Masse an Jugendlichen wie in den 60er/70er/80/90er Jahren die Dinger einfach nur ATG findet (was nicht am Boot, sondern an der Szene drumherum liegt), dann ist er eben angesagt und dann ist er genau das richtige Boot. Das klappte deswegen über viele Jahre so gut, weil er ausschließlich von Jugendlichen gesegelt wurde, die bestens untereinander vernetzt waren.
Das klappt immer noch, nur auf zahlenmäßig niedrigerem Niveau - unter anderem auch, weil jugendliches Segeln heute genauso fragmentiert ist, wie eigentlich alles andere auch.
Unsere tatsächlichen Probleme bestehen im Altersmittelbau und die liegen woanders begründet. Ein (Kleiner) Teil des Problems besteht auch darin, dass die meisten Jugendlichen über die Schwelle Schulabschluss/Studium/Wegzug/Auslandsaufenthalt/andere Lebenswelten nicht beim Segeln oder nicht im Verein gehalten werden können. Ich fürchte allerdings, daran wird man sich die Zähne ausbeißen - das ist nur graduell veränderbar.
Gruß
Andreas