Bußgeld bei veralteten Seekarten?

  • Quote

    möchte mal wissen wie oft das tatsächlich vorkommt.

    In meiner jetzt etwa 10 Jährigen Karriere als Segler: 2 mal in mir unbekannten Gewässern.
    Probleme in mir gut bekannten Gewässern zähl ich mal nicht mit. Da finde ich auch ohne Karte nach Hause.


    Einmal auf einem Charterboot ein Plotter, der auch nach mehrstündigem Betrieb, Einschlaten, Resetten nicht von der Meinung abzubringen war, dass das Boot in der lybischen Wüste zu finden sei. Wir waren aber vor Elba :frowning_face:


    Und einmal bei einer Bootsüberführung, wo mir nach etlichen Stunden Tablet/Navionics der Akku leer war. Leider war keine 12V-Ladevorrichtung an Bord.


    Bevor jetzt was von schlechter Vorbereitung kommt...ja. Stimmt. Inzwischen ist mein Boot auch redundanter ausgestattet. Aber das reduziert das Risiko nur; es schliesst nichts aus.


    lg

    Gerhard

  • in meiner 55jährigen Seglerkarriere nicht einmal. Naja, die ersten ~25 Jahre gab es noch keinen Strom an Bord oder Plotter oder so


    Gruß Odysseus

  • Moin,


    was ich jetzt irgendwie nicht ganz verstehe: So viele Regelungen für Sportboote im Seebereich gibt es doch gar nicht. KVR, SeeSchStrO, Hafenordnungen, SOLAS, MARPOL. Plus noch in lokale Regeln gegossene wie vom BMVI: https://www.bmdv.bund.de/blaet…s/235152/pdf/complete.pdf


    Ich kenne die auch nicht alle - aber man sollte doch schon wissen wo man nachsehen müsste. Und sowohl SOLAS als auch die BMVI sagt hierzu: Aktuelle Karten sind Mindestausrüstung. Und "Aktuell" hat natürlich auf den ersten Blick Interpretationsspielraum (siehe hier) - aber eigentlich eben auch nicht.

  • möchte mal wissen wie oft das tatsächlich vorkommt. Man lese nur mal hier wie die Schiffe mit Batteriebänken, Solar etc ausgerüstet werden.


    Gruß Odysseus

    Das GPS soll der Legende nach während einer der Golfkriege für ein paar Stunden weg gewesen sein. Auch wenn kolportiert wird, dass sich damals vor einigen Häfen eine Warteschlange gebildet hätte, weil sich keiner ohne GPS reingetraut hätte, scheint mir dieses Risiko derzeit durchaus tragbar.

    Kein Bordstrom? Das ist der Grund, weshalb der iPad und die Handkes immer geladen sind.

    Und natürlich sollte man Position, Distanz und Kurs zum nächsten Wegpunkten, evtl kritische Stellen etc wissen. Das gehört aber zur Törnplanung, unabhängig von Papier oder Digital.


    Ich denke, die Gefahr, dass die Karte über Bord weht, der Teil mit der anspruchsvollen Passage vom Kaffee übergossen wird oder der Bordhund das gute Stück auffrisst, ist ungleich größer, als der Totalausfall von GPS und/oder Strom.

    MuSui1HWuK


    Wolfgang

  • Ich weiss ja nicht was ihr für GNSS-Empfänger habt, meiner kann Navstar-GPS, GLONASS, BAIDOU und GALILEO. Das alle abgeschaltet werden ist sehr unwahrscheinlich...

  • Bei rauhem Wetter auf jeden Fall, bei Flaute und 30o vermutlich nicht.

    möchte mal wissen wie oft das tatsächlich vorkommt. Man lese nur mal hier wie die Schiffe mit Batteriebänken, Solar etc ausgerüstet werden.


    Gruß Odysseus

    Doch, ist mir schon passiert: Auf einer Beaufort 14 Ketch (eigentlich ein sehr schönes Schiff) mit allem Pipapo: Grenzwelle, Amaturfunk, Radar SatNav (GPS gabs da noch nicht erschwinglich), Decca, Loran Funkpeiler usw. usf. was es halt Ende der 80er so an Navigationselektronik gab.


    Zwischen Safi (Marokko) und Gran Canaria war dann plötzlich der Strom weg. Komplett. Was es letztlich war, weiß ich nicht; ich bin dann (planmäßig) auf den Kanaren ausgestiegen, während der Skipper und der Bootsmann den Kahn für die Atlantiküberquerung fit gemacht haben...


    Zum Glück war der Skip ein alter Hase. Er hat sein Walker-Schlepplog ausgebracht, die H.O 249 und den Sextanten rausgekramt und eine Messinghaube mit Öllicht über den Kompass gestülpt, sodass der auch nacht ablesbar war. Ohne Papierkarten wäre es allerdings schon schwierig geworden...


    Deswegen habe ich gerne auch noch Papierkarten für den Notfall mit, auch wenn die nicht immer die neuesten sind. Um in so einem "Notfall" dann nach hause zu kommen reichen i.d.R. auch alte Karten. Dass sich die Betonnung ändern kann, weiß man ja. und die meisten Gegenden ändern sich nicht so dynamisch wir unser Wattenmeer...


    Schöne Grüße,


    Roman

    A ship in a harbour is safe, but that is not what ships are built for !

  • und die meisten Gegenden ändern sich nicht so dynamisch wir unser Wattenmeer...

    ... und gerade da nutzen selbst die aktuellsten Papierkarten nur begrenzt :winking_face:

  • Moin,


    was ich jetzt irgendwie nicht ganz verstehe: So viele Regelungen für Sportboote im Seebereich gibt es doch gar nicht. KVR, SeeSchStrO, Hafenordnungen, SOLAS, MARPOL. Plus noch in lokale Regeln gegossene wie vom BMVI: https://www.bmdv.bund.de/blaet…s/235152/pdf/complete.pdf


    Ich kenne die auch nicht alle - aber man sollte doch schon wissen wo man nachsehen müsste. Und sowohl SOLAS als auch die BMVI sagt hierzu: Aktuelle Karten sind Mindestausrüstung. Und "Aktuell" hat natürlich auf den ersten Blick Interpretationsspielraum (siehe hier) - aber eigentlich eben auch nicht.

    In der SOLAS steht eigentlich nur, dass näheres ein lokales Gesetzt oder Verordnung vorschreibt:


    SOLAS Kapitel V



    Regel 27

    Seekarten und nautische Veröffentlichungen

    Seekarten und nautische Veröffentlichungen wie Seehandbücher, Leuchtfeuerverzeichnisse, Nachrichten für Seefahrer, Gezeitentafeln und alle sonstigen für die beabsichtigte Reise er- forderlichen nautischen Veröffentlichungen müssen angemessen und auf dem neuesten Stand sein.


    Regel 1


    4 Die Verwaltung legt fest, in welchem Umfang die Regeln 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27 und 28 auf die nachstehenden Arten von Schiffen keine Anwendung finden:

    .1 Schiffe mit einer Bruttoraumzahl unter 150 auf allen Reisen;

    .2 Schiffe mit einer Bruttoraumzahl unter 150, die nicht in der Auslandfahrt ein- gesetzt sind;

    .3 Fischereifahrzeuge.


    Regel 3

    Befreiungen und gleichwertiger Ersatz

    1 Die Verwaltung kann für Schiffe ohne mechanischen Antrieb allgemeine Befreiungen von den Regeln 15, 17, 18, 19 (außer Absatz 19.2.1.7), 20, 22, 24, 25, 26, 27 und 28 gewähren.



    Und in der SchSV ist festgelegt:


    Schiffssicherheitsverordnung (SchSV)


    § 13 Verhaltenspflichten

    (1) Der Eigentümer eines Schiffes, das die Bundesflagge führt, hat dafür zu sorgen, dass

    1. bei wesentlichen Veränderungen am Schiff oder seiner Ausrüstung, die den - auch im Bauzustand - zugelassenen Zustand und insbesondere offenkundig deren Wirksamkeit oder Betriebssicherheit beeinträchtigen, unverzüglich die sachgemäße Instandsetzung veranlasst, zur Wahrung der Zulassung der beeinträchtigungsfreie Zustand wieder hergestellt und die zuständige Behörde unverzüglich davon unterrichtet wird,

    2. auf der Brücke stets folgende Unterlagen vorhanden sind:

    a. die für die jeweilige Seereise erforderlichen amtlichen Ausgaben von Seekarten und Seebüchern im Sinne von Abschnitt C.I.4 der Anlage 1; bei Sportbooten im Sinne der Sportbootführerscheinverordnung-See genügt es, wenn an Bord nichtamtliche Ausgaben mitgeführt werden,


    3. Amtliche nautische Veröffentlichungen (Regel 2 Absatz 2, Regel 19 Absatz 2.1.4, Regel 27)

    Bei Schiffen, die nicht Sportboote im Sinne der Sportbootführerscheinverordnung-See sind, müssen hinsichtlich der Seekarten, Seebücher und anderen nautischen Veröffentlichungen jeweils die neuesten amtlichen Ausgaben des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie in digitaler oder gedruckter Form oder eine entsprechende Ausgabe eines hydrographischen Dienstes eines anderen Staates oder der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation mitgeführt werden. Neueste Ausgaben der amtlichen Seekarten des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie sind die in dem in den Nachrichten für Seefahrer veröffentlichten Verzeichnis des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie aufgeführten digitalen und gedruckten Seekarten, für die in den Nachrichten für Seefahrer Berichtigungen veröffentlicht werden oder ein amtlicher digitaler Berichtigungsdienst besteht und die in dem Zeitpunkt, in dem sie in Verkehr gebracht werden, mittels eines Aufdrucks oder einer elektronischen Signatur als auf den neuesten Stand berichtigt ausgewiesen sind.

  • Bei Schiffen, die nicht [Hervorhebung von mir] Sportboote im Sinne der Sportbootführerscheinverordnung-See sind, müssen hinsichtlich der Seekarten...

    Das ist der wesentliche Passus. Wurde auch schon (wahrscheinlich mehrmals) geschrieben, dass SpoBos nicht ausrüstungspflichtig sind...

  • Wo lässt sich das denn nachlesen...oder ist das eine total Wahrhaftige Wahrheit wie der Hamster in der Mikrowelle? Die Geschicht wird so lange erzählt, weil es sich so schön anhört, irgendwann wird es zur Wahrheit, die keiner mehr anzweifelt...

    So etwas passiert immer noch regelmäßig. In NL wird darüber offen berichtet, in D eher weniger. Hier ein aktuelles Beispiel (Sprache oben rechts auswählbar)

  • Wo lässt sich das denn nachlesen...oder ist das eine total Wahrhaftige Wahrheit wie der Hamster in der Mikrowelle? Die Geschicht wird so lange erzählt, weil es sich so schön anhört, irgendwann wird es zur Wahrheit, die keiner mehr anzweifelt...

    Habe ich ei der DGzRS gelesen, da kann ich aber nur bis 2015 ins Archiv, 62 Seiten , ob es dabei ist weis ich nicht.

    Aber hier ein anderer Fall : https://www.esys.org/stories/skurril.html


    Zitat:

    Großbritannien: Segler mit Auto-Atlas unterwegs


    Samstag, 23.09. 2000, 15:54:38 Uhr



    London - Eric Abbott (56) ist scheinbar der möglicherweise unfähigste Hobby-Segler
    Großbritanniens. Nur 2 Stunden nach einem Appell der Seerettung,
    endlich dem Ruf des Meeres zu widerstehen ist er schon wieder auf Grund gelaufen.
    Er funkte SOS, nachdem er vor der walisischen Stadt Rhyl auf Grund
    lief.


    Der Leiter der Seerettung in Holyhead sagte: "Wir
    sind verzweifelt, aber wir können nichts tun, um ihn am Auslaufen zu
    hindern. Seine bisherige zehn Rettungen aus Seenot haben in nur
    einem Jahr rund 30.000 Pfund (100.000 Mark) gekostet."


    Abbott hat bei fast jedem Segeltörn die
    Orientierung verloren. Zur Navigation verwendete er einen Straßen-Atlas des britischen Automobilclubs AA
    sowie eine irische Bergkarte. Sein Proviant bestand aus
    einem Viertelliter Milch und einigen Keksen.


    "Er ist einfach verrückt und er gefährdet die Leben anderer
    Menschen", schimpfte ein Lebensretter in der englischen Tageszeitung "Sun". "Er sollte sich
    wenigstens ein paar ordentliche Seekarten kaufen."


    Bei einer der
    früheren Rettungsaktionen gab er seine Position so an:"Ich kann Berge und einige
    Lichter sehen" Auf Signalraketen antwortete er nicht, weil er diese
    für ein Feuerwerk auf hoher See hielt. Eric Abbott meinte:"Es ist schließlich Aufgabe der
    Seerettung, bei der Navigation zu helfen. Man kann sich doch so
    leicht verirren. Diese Leute überreagieren."


    Quelle: Peter O.Walter , SY ESYS,


    Gruß J.

  • Naja, wer hat denn eine komplette ausgabe der SeeSchStrO und der KVR ausgedruckt auf dem Boot dabei, ich bin sicherlich nicht der einzige der das nicht auf dem Boot hat...

  • Ein bekannter österreichischer Segler erzählte bei einem Skippertraining von einem Segler, der sich im frischen Besitz eines Segelscheins und seinen ersten Erfahrungen in der Praxis durch einige Tricks im Anschluss an das Training das Boot - eine Privilege 495 - angeeignet hat und damit durch die Straße von Gibraltar rund Kap der guten Hoffnung bis nach Thailand gesegelt sei. Mit Hilfe eines Autoatlas und weiteren Informationen aus dem Internet.

    Wird Navigationsausbildung überbewertet? :verstecken:

    MuSui1HWuK


    Wolfgang

  • und damit durch die Straße von Gibraltar rund Kap der guten Hoffnung bis nach Thailand gesegelt sei.


    Das haben die Portugiesen vor 500 Jahren auch geschafft und wie wir alle wissen, ist auch Columbus irgendwo angekommen...

    Die entscheidende Frage ist doch: wo wollte er hin?

  • Ein bekannter österreichischer Segler erzählte bei einem Skippertraining von einem Segler, der sich im frischen Besitz eines Segelscheins und seinen ersten Erfahrungen in der Praxis durch einige Tricks im Anschluss an das Training das Boot - eine Privilege 495 - angeeignet hat und damit durch die Straße von Gibraltar rund Kap der guten Hoffnung bis nach Thailand gesegelt sei. Mit Hilfe eines Autoatlas und weiteren Informationen aus dem Internet.

    Wird Navigationsausbildung überbewertet? :verstecken:

    Das war ein Herr Hopfensberger, Die Tour wurde mit der unzureichenden Ausrüstung angetreten, da der Katamaran zuvor bei Ecker-Yachting unterschlagen wurde und er verständlicherweise einen weiteren Landfall in einem europäischen Hafen zum Ausrüsten scheute. War einfach schlecht vorbereitet.


    Gruß .


  • Das haben die Portugiesen vor 500 Jahren auch geschafft und wie wir alle wissen, ist auch Columbus irgendwo angekommen...

    Die entscheidende Frage ist doch: wo wollte er hin?


    ...und wie viele sind insgesamt losgefahren und wie viele davon sind überhaupt zurückgekehrt? Da war doch einiges an Schwund.

  • ...und wie viele sind insgesamt losgefahren und wie viele davon sind überhaupt zurückgekehrt? Da war doch einiges an Schwund.

    Aber nicht wegen schlecht berichtigter Seekarten :beaming_face_with_smiling_eyes:

    A ship in a harbour is safe, but that is not what ships are built for !