Backstagen
Diese Fragen werden immer wieder gestellt:
Wozu sind Backstagen überhaupt notwendig?
Wie muss ich Backstagen trimmen?
Ist das Achterstag nicht viel effektiver als das Backstag?
In zahlreichen Trimmanleitungen und Segelbüchern findet man die Tatsache erwähnt, dass es Backstagen gibt und dass sie sehr bedienungsunfreundlich seien. In den Standardwerken von Marchay „ Die Aerodynamik der Segel-Theorie uns Praxis“ findet man über Backstagen nichts und in Püchls „Physik des Segelns“ werden sie erwähnt ohne sie näher in Funktion und Dimensionierung zu beschreiben.
Mit „bedienungsunfreundlich“ ist gemeint, dass sie von Alleinseglern nicht zu bedienen seien oder dass sie „familienunfreundlich“ seien. Allerdings findet man auch immer wieder Äusserungen, man könne mit Backstagen „unglaubliche“ Höhe fahren. Sei es drum. Ob die Backstagen ein Mysterium darstellen oder einfach nur ihrer Unhandlichkeit unbeliebte Trimmeinrichting war, die Konstrukteure der letzten drei Jahrzehnte haben fast nichts unversucht gelassen, Backstagen durch gefälligere Konstruktionen zu ersetzen. Die Toptakelung und die gepfeilten Salinge seien allen voran erwähnt.
Also wozu dienen die Backstagen?
Es ist nicht so, wie man es in manchen fachfremden
Organen liest, daß die Backstagen den Mast nach achtern
abstützen. Vielmehr haben die Backstagen die Aufgabe, die beim
Segeln nach vorne auf den Mast wirkenden Kräfte aufzufangen.
Dies ist auf Raumschots– und Vorwindkursen, besonders beim Verwenden großer Spinacker, Genacker, Topblister oder Drifter von Bedeutung. Zwar ist auf solchen Kursen eine große Segelfläche eingesetzt, da jedoch die auf den Segelplan wirkende Luftströmung kleiner íst als die wahre Windgeschwindigkeit, sind auf diesen Kursen die auftretenden Kräfte moderat.
Auf Amwindkursen wirkt die Summe aus wahrem Wind und Fahrtwind auf das Vorsegel. Die im Vorsegel auftretenden Kräfte müssen von Vorstag, Vorsegelfall und Vorsegelschot aufgefangen werden. Wenn nicht, weht es das Vorsegel davon. Gegenüber den Kräften auf Vorwindkursen sind die nach vorlich auf den Mast wirkenden Kräfte auf Amwind-Kursen sehr viel höher.
Die Backstagen greifen am Mast in der Höhe des Vorstags an und ziehen den Mast über ein Kraftübersetzungssystem nach achtern. Der Zug nach achtern wird auf das Vorstag weitergegeben. Die Backstagen sind damit das Trimmelement, mit dem das Vorstag straff und das Vorsegel flach gehalten wird. Die Backstagen gibt es deshalb nur bei Fraktionsriggs mit geraden Salingen. Bei topgetakelten Rigg wird die Aufgabe eine Vorstagspannung zu erzeugen, durch das Achterstag wahrgenommen. Alternativ zu den Backstagen kann sowohl beim Toprigg als auch beim Partialrigg durch gespfeilte Salinge ein achter licher Zug auf den Mast generiert werden, der an das Vorstag weitergegeben wird.
Backstagen gibt es nur beim Partialrigg und typischerweise geraden Salingen. Beim Toprigg wird die Aufgabe der Backstagen auf das Achterstag übertragen.
Obgleich es eine ganze Menge Boote ein Partialrigg haben, betrachte ich im Folgenden zunächst das Objekt meiner Studienbegierde: die Akros mit 7/8-Asso99-Rigg mit geraden Salingen, Oberwanten, Mittelwanten, vorderen und achterlichen Unterwanten und einem Diamanten. Aus eigener Erfahrung gehe ich von einem Profilvorstag aus, was aber nicht zwingend vorausgesetzt wird. Die Berechnungen und Schlußfolgerungen lassen sich auf andere Boot mit geringer Modellanpassung leicht übertragen. Beim Segeln mit Genua/Fock und Großsegel kann näherungsweise ein Kräftegleichgewicht im Rigg angenommen werden: Das Vorstag und die Genua zieht den Mast nach vorne, daß Großsegel den Mast nach hinten. Oberwant und Mittelwand stabilisieren den Mast seitlich. Um hoch am Wind laufen zu können ist das Großsegel dicht zu nehmen. Der Großbaum befindet sich mittschiffs. Lässt es die Windstärke zu, so befindet sich der Travellerschlitten deutlich in Luv. Das Großsegel hat einen Twist, der ab drei Windstärken durch ein dichtgeholtes Achterstag verstärkt wird1.
Der Twist in den Segeln ist erforderlich, da die Windstärke über der Wasseroberfläche durch Reibung abgebremst verringert ist und sich dadurch die Richtung des scheinbaren Windes stark ändert. Im unteren Bereich eines Segel fällt der scheinbare Wind immer vorlicher ein als im oberen Bereich des Segels. Nur mit Twist kann ein Segel auf der gesamten Vorlieklänge den optimalen Anströmwinkel haben.
Den Twist kontrolliert man im unteren Bereich durch den Winkel der Großschot, also die Position des Travellerschlittens der bis zu mittleren Windstärken nach Luv gezogen wird. Dadurch steigt der Großbaum leicht an.
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