Beim Leinen-Thema kommt ein Aspekt m.E. nicht deutlich genug heraus: bei großer Länge geht es weniger um das größere Reck-Potenzial einer längeren Leine, sondern um die Geometrie der ganzen Angelegenheit. Ich versuche das mal mathematisch auszudrücken (obwohl ich Mathe -Legastheniker bin):
Poller (An Land), Klampe (Schiff) und der Treffpunkt der gedachten Linien vom auf die Klampe gefällten Lot und der Horizontalen vom Poller aus ergeben ein rechtwinkliges Dreick.
Weil das kaum verständlich sein dürfte: siehe oben auf der Zeichnung.
Der Festmacher ist die Hypothenuse dieses Dreiecks. Wer mag, kann konkrete Werte über diesen Rechner ermitteln: https://www.mathepower.com/rechtw.php
Es ist aber bereits intuitiv sofort erkennbar, wie viel stärker sich der kurze rote Festmacher im Gegensatz zu langen magenta - Festmacher dehnen müsste um die Wasserstandsänderung auszugleichen.
Das mag trivial sein, aber: ich sehe die Konsequenzen aus diesem Zusammenhang nur selten umgesetzt, wenn ich durch die Häfen laufe.
Ich habe mich gefragt, warum das so ist – meine Folgerung: immer, wenn eine Leine das Schiff gegen Kräfte aus verschiedenen Richtungen halten soll, wird es in der Praxis immer schwieriger, ja geradezu unmöglich, ausreichend große Seillängen anzubringen.
Wenn man jedoch die Kraft-Vektoren komplett voneinander trennt wird es einfacher, große Längen zu verwenden. Siehe dazu meine Grafik zum festmachen in der Box (von oben); beachtet dort besonders die Heckleinen: wenn die Heckleinen das Schiff ausschließlich gegen seitliche (Quer-)Bewegung, und die Längs-Springs das Schiff ausschließlich gegen vor- und zurück- Bewegung sichern, wird es möglich, größere Längen zu verwenden. Wie anderer Stelle bereits herausgearbeitet, könnten dann auch wesentlich solidere/dickere Leinen verwendet werden, weil der Reck dann nicht mehr so wichtig ist wie bei kurzen Leinen.
Wenn, wie üblich, die (Vor- und) Heckleinen in längs und quer- Richtung sichern sollen, müssten sie für größere Längen quer über den Steg gespannt werden, was praktisch unmöglich ist. Also werden sie, wie immer, viel zu kurz auf den nächsten Poller gelegt.
Natürlich stößt die von mir hier propagierte (und seit Jahren verwendete) Methode auch auf praktische Grenzen, trotzdem kommt man dem Ziel damit wesentlich näher.
Das berührt dann auch das Bootsbau-Thema, denn viele Schiffe haben keine Mittelklampen (ich habe auf meinen ausdrücklichen Wunsch hin auf jeder Seite 2 davon). Ich will niemandem auf den Schlips treten, aber für mich persönlich ist das für seegehende Yachten ein No-Go.
Ich behaupte auch nicht, dass ein nach meinen Vorschlägen vertäutes Schiff die Dramen in Damp oder Schilksee unbeschadet überstanden hätte. Ich bin aber überzeugt davon, dass diese Methode die Grenzen hinausschiebt.
Ein Problem bleiben die Dalben: dort sind die Längen der Vor- bzw. Heckleinen in jedem Fall begrenzt. In dem Zusammenhang wären natürlich superbreite Boxen ideal, das ist aber aus diversen leicht erkennbaren Gründen nicht praktikabel.
Wenn das Schiff kürzer ist als die Box, wäre es in diesem Zusammenhang vorteilhafter, vorwärts anzulegen. Wenn man das tun sollte, so wären natürlich die Vorleinen idealerweise im nahezu rechten Winkel (seitlich) zur Längsachse auszubringen.
Ich hoffe, dass es mir gelungen ist einen sinnvollen Beitrag zur Problematik beigetragen zu haben. Anregungen, Kritik und Beiträge werden vermutlich nicht lange auf sich warten lassen…
Festmacher lange Leinen.jpg
Festmacher lange Leinen.pdf