Moinsen,
die Frage, was zu einer flächigen Ablösung des Gelcoats vom Laminat führte, ist spannend und kann aus der Ferne kaum beantwortet werden. ... Von allein löst sich das Gelcoat ja nicht ab.
Die Frage ... kann aus der Ferne kaum beantwortet werden, wenn die letzten 2% Ungewissheit ausgeschlossen werden sollen. Deine Anmerkung, dass da was oberfaul ist, dürfte - auch aus größter Entfernung betrachtet - wohl richtig sein.
Die Epoxidbeschichtung eines feuchten Holzkerns kann man sich sparen. Feucht ist alles was feuchter als staubtrocken ist. Macht was ihr wollt, Kauf den Dampfer, lass Dir 1500 € übrig. Für das Geld kriegst Du einen holländischen Stahlkreuzer mit besserer Substanz und kannst damit noch ein paar Jahre segeln gehen.
so konkret wie möglich: was steht zu befürchten?
Ich bin nicht vom Fach, was wahrscheinlich auch wenig nutzen würde, denn es wäre Zufall, als Hersteller irgendwann so etwas zu reparieren. Boote sind seit fast 55 Jahren mein größtes Hobbie. Ich könnte das zwar ausschmücken, aber wozu.
Anhand von Balsadecks, Balsa-Böden und auch kleinerem Balsagerödel wie Schiebelukgaragen und Cockpitböden: Das Balsa wird feucht, leitet diese Feuchte weiter und weiter. Es ist relativ fäulnisbeständig und pilzresistent. Dadurch bleibt es strukturell lange intakt. Irgendwann passieren 2 Sachen: Das Laminat löst sich vom Balsakern und der Balsakern beginnt außerdem zu quellen*. Das passiert nicht zwangsläufig gleichzeitig oder in festzulegender Reihenfolge, aber zeitnah zueinander, wenn man den gesamten Prozess des Verfalls betrachtet. Es hält zu dem Zeitpunkt immer noch. Die Sandwichstruktur wird durch den fehlenden Verbund mit dem Laminat und weil es selbst zwar druckfest aber nicht biegeresistent ist, nach und nach immer weicher. Irgendwann wird dann der Zerfall des Holzes über das weitere bestimmen. Ab einem Punkt verlieren die Leute das Vertrauen in die Festigkeit und werden aktiv. Meist äußert sich das darin, dass sie Verkaufsanzeigen schalten oder Kleinteile, wie Cockpitböden, Schiebelukgaragen, Lukendeckel usw. austauschen lassen. Darüber findet man wahrscheinlich nichts.
Bei Searay war das Problem sehr bekannt. Dazu müsste es etliche "Internetbeweise" geben. Es war gleichzeitig begrenzt, der innere Boden über dem V des Rumpfs eben und der Wert der Boote nach der Reparatur war wieder hoch, was schon von den Motoren herrührte. Vorweg: das einzige was geholfen hatte, war, alles herauszunehmen. Die Liste der Dinge, die nicht geholfen hatte, war lange. Darunter das Abnehmen des äußeren Bodens, um das Balsa trocknen zu lassen. das gelang schon dewegen nicht, weil man nicht wirklich an die Unterseite rankam. Mit einer Lochsäge Löcher bohren, um über große Querschnitte trocknen zu können. Später wollte man Schaumstücke einkleben und drüberlaminieren. ebenfalls nutzlos. Viele haben kurzerhand eine Holzplatte draufgelegt und da drüber den obligatorischen Cockpitteppich. Dass man so das Problem nicht wirklich an der Wurzel packt, ist wohl selbsterklärend.
Nun hast Du einen ganzen Rumpf aus dem Zeug. Man könnte wahrscheinlich die äußere Rumpfhaut abnehmen und eine flächige Leistenstruktur statt dem Balsa draufbauen, danach laminieren, das Deck wieder aufsetzen und festkleben. Aber lohnt sich das? welcher Gutachter auf dieser Erde (der Deine Interessen vertritt!) würde sagen: "Och so´n bisschen nasses Balsa, et hot noch emmer jot jejange" (!?) Es ist wie Leberzirrhose. Würdest Du jemandem mit dieser Diagnose Geld leihen, das er Dir persönlich in 10 Jahren zurückgibt?
Das Boot wird sicherlich noch ein paar Jahre halten. Ich weiß nicht wie lange. 5 Jahre? Vielleicht etwas mehr? Ich hätte Bedenken, dass es schneller geht und außerdem sind selbst 10 Jahre schnell vorbei. So lange wird es, wenn man andere Sandwichschäden betrachtet, nicht dauern.
Ebenfalls sehr ähnlich die Myriaden sterbender Außenborderspiegel, die an Feststoffdinghys und Motorbooten mit einer innenliegenden Holzschicht verstärkt sind. Dort hat man kein Balsa, sondern Holz, das über die Druckfestigkeit hinaus weitere statische Eigenschaften übernimmt. Hier beginnt es damit, dass über Jahre festsitzende Beschläge erst einsinken und das dann wieder verschwindet - einhergehend mit Torfbildung. Dann lockert sich der Motor, die Unterlegplatten werden größer und irgendwann ist es dann nicht mehr möglich, die Augen noch länger zu verschließen. Auch dazu sollte man Internetbeweise finden. Du wirst keinen einzigen Finden, der das nasse Holz wieder regeneriert.
VG Chris
* Kennen einige, die als Päckchenlieger über Massen fremder Boote steigen: An einigen Vorschiffen beobachtet man, wie sich um die Luke herum das Deck hebt, Es sieht aus, als hätte einer die Schrauben zu fest angezogen.